Um Einblicke in die komplexe Physik von TransportbehälterSystemen für Flüssigerdgas (LNG – liquefied natural gas) zu gewinnen, hat das niederländische Forschungsinstitut MARIN „The Atmosphere“ entwickelt. Darin befinden sich 100 Drucksensoren von Kistler, die genaue Daten zu den Wellenschlägen beim sogenannten Sloshing liefern – damit tragen sie nicht nur zur Optimierung des LNG-Transports bei, sondern künftig auch von Wasserstoff.
Erdgas ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu einer sauberen und nachhaltigen globalen Energieversorgung. Transportiert wird es entweder durch Pipelines oder per Schiff vom Ursprung zur seinem Bestimmungsort – der Transport per Tanker ist jedoch gerade über lange Distanzen deutlich wirtschaftlicher. Das flüssige Erdgas wird bei einer Temperatur von etwa –162°C von speziellen LNG-Tankern aufgenommen, die in einigen Fällen an ihren zum Teil sichtbaren kugelförmigen Tanks zu erkennen sind. Mehr als 600 Schiffe dieses Typs sind bereits auf den Weltmeeren im Einsatz, und der Markt wird weiter wachsen in den nächsten Jahren. In Sachen Design ist noch viel Raum für die Optimierung der Tankgeometrie; dafür ist jedoch Grundlagenforschung bezüglich der fundamentalen physischen Mechanismen hinter den Prozessen erforderlich. Ein Phänomen, das noch nicht vollständig verstanden ist, ist das sogenannte Sloshing (dt. Schwappen): die Bewegung einer Flüssigkeit in einem Container, hervorgerufen von externen Kräften, zum Beispiel den Schiffsmanövern – und genau hier kommt MARIN ins Spiel.
Das Maritime Research Institute Netherlands (MARIN) in Wageningen ist eines der weltweit führenden Marineforschungszentren. Seit 1932 hat MARIN eine umfassende Expertise aufgebaut, basierend auf der Kombination von numerischen Simulationen und Experimenten in großen Spezialeinrichtungen – darunter mehrere Becken für Tests mit Schiffsmodellen – sowie Onboard-Messungen und -Tests. Dank der Unterstützung privater und öffentlicher Geldgeber aus Universitäten, Industriepartnern und Staatsfonds konnte 2016 eine weltweit einzigartige Einrichtung in Auftrag gegeben werden: „The Atmosphere“ (ATM) ist eine riesige Forschungsanlage, die in der Lage ist, verschiedene atmosphärische Bedingungen zu erzeugen. Mit Hilfe von ATM lassen sich Parameter wie Druck (0,02–10 bar), Temperatur (15–200°C), Gaszusammensetzung (He, N2, SF6 und Wasserdampf), relative Feuchte (0–100%) und weitere für die Dynamik des Sloshings in einem echten LNGTanker wichtige Einflussgrößen variieren. In der Anlage befindet sich ein Autoklav-Behälter mit einem Außendurchmesser von 2,5 und einer Länge von 15 Metern – groß genug, um Menschen aufzunehmen, jedoch lässt sich das Geschehen im Inneren auch durch eines der 17 Beobachtungsfenster überwachen.