Mit Big Test Data zum Entwicklungsvorteil


Winterthur, Juni 2019 – Komplexer werdende Fahrzeuge in Gegenwart und Zukunft erfordern intensive und vielseitige Tests in der Entwicklungsphase. Dabei fallen große Mengen an Daten an, die zielgerichtet ausgewertet werden müssen. Mit den richtigen Tools lassen sich aus diesen Rohdaten mehr wertvolle Informationen gewinnen – sogar bei lange zurückliegenden Tests.

Was im Consumerbereich bis hin zum Privatleben bereits Gewohnheit ist, steht in der industriellen Produktion noch aus: Der Wandel vom reinen Hardwareprodukt zum wesentlich von Software getriebenen, flexiblen Ökosystem – und damit die wachsende Bedeutung von Programmen und Apps, die Daten sammeln, interpretieren und dabei mit dem Nutzer interagieren. Auch im Bereich Messtechnik liegt der Fokus nach wie vor auf Sensoren und Messwertaufnehmern – und damit der Datenerzeugung und -akquisition.

In der Folge steigt die Menge der erhobenen Messdaten mehr und mehr an: Moderne Fahrzeuge werden durch Elektrifizierung und Automatisierung stetig komplexer, ohne dass entsprechende Kapazitäten bei der Auswertung und Nutzung von Daten vorhanden sind. Ein Umdenken hat jedoch bereits eingesetzt: Gerade „Big Test Data“ – also große Mengen noch uninterpretierter Messdaten zu analysieren – bietet einzigartige Chancen, um Entwicklungszeiten zu verkürzen und Innovation durch gezielte Optimierung zu schaffen.

Intelligentes Post-Processing von Ingenieuren für Ingenieure: jBEAM unterstützt die Fahrzeugentwicklung in Bereichen wie Antriebsstrang, NVH und Crash-Test mit speziellen Datenanalysen und umfassendem Reporting.
Intelligentes Post-Processing von Ingenieuren für Ingenieure: jBEAM unterstützt die Fahrzeugentwicklung in Bereichen wie Antriebsstrang, NVH und Crash-Test mit speziellen Datenanalysen und umfassendem Reporting.

Dreistufige Werkzeugkette macht Synergien möglich

Um für seine Kunden aus dem Automobilbereich diese Potentiale nutzbar zu machen, hat AMS – A Kistler Group Company eine dreistufige Werkzeugkette entwickelt. Mit ihrer Hilfe lassen sich beispielsweise Messdaten aus den Bereichen Antriebsstranganalyse und Crash-Testing effizient auswerten und verwalten. Darüber hinaus ist es möglich, gezielt nach Korrelationen zu suchen und auf diese Weise verborgene Zusammenhänge und Kausalitäten aufzudecken.

„Für diese Aufgaben reichen herkömmliche, zum Beispiel aus dem Silicon Valley stammende Algorithmen nicht aus. Da braucht es einen ingenieursmäßigen Zugang, um die Besonderheit der Messdaten richtig zu erfassen“, sagt Dr. Bernhard Sünder, Gründer und Geschäftsführer von AMS. „Wir haben in den vergangenen 25 Jahren das Know-how aufgebaut, das man braucht, um auf diesem Feld erfolgreich zu sein – die Zusammenarbeit mit OEMs der Automobilbranche gibt uns recht.“

Die zentrale Anwendung von AMS heißt jBEAM. Sie analysiert und visualisiert nahezu beliebige Sets von Daten, die in über 100 verschiedenen Dateiformaten eingelesen werden können. Mit Hilfe mathematischer Algorithmen werden die Daten analysiert und entsprechend aufbereitet, zum Beispiel als grafischer, editierbarer Bericht. Darüber hinaus enthält jBEAM umfangreiche Funktionen für die Bereiche Video/Audio- sowie Positionsdaten (z.B. GPS).

„Besonderer Wert wurde auf die Offenheit und Flexibilität des Systems gelegt: jBEAM ist komplett in Java programmiert und damit plattform- und betriebssystemunabhängig nutzbar. Zudem können Anwender eigene, z.B. in MatLab programmierte Algorithmen nutzen sowie weitere Komponenten hinzufügen“, ergänzt Sünder. Komplettiert wird das Portfolio von AMS durch das Messdaten-Management-System MaDaM und die Anwendung jBEAM Cluster für projektübergreifende, tiefgehende Datenanalysen – das sogenannte Data Mining.

Komplexität von Antriebsstrang, NVH und Crash-Tests sicher im Griff

AMS entwickelt unter anderen für drei zentrale Anwendungsfelder: Antriebsstranganalyse, NVH (Noise, Vibration & Harshness) und Crash-Testing – Applikationen, in denen auch Kistler stark ist. „Nehmen wir das Beispiel Crash-Test: Kistler bietet heute ein komplettes Paket aus THOR-Dummy plus spezialisierter Sensorik, außerdem Crash-Wände zur Erfassung der Kräfte beim Aufprall des Fahrzeugs. Nun kommen wir hinzu und vervollständigen mit unserer Software die bestehende Messkette. Der Kunde bekommt somit eine noch umfassendere Lösung und kann Synergien aus Datenerfassung und Post-Processing abschöpfen“, erläutert Sünder.

Mit jBEAM können Videosequenzen und numerische Daten einfach kombiniert werden. Der „Crash Assistant“ unterstützt den Anwender bei der Erstellung von Berichten, gleicht die Ergebnisse mit Normen wie NCAP ab und weist auf Lücken und mögliche Fehler hin. Testergebnisse, Videos und Bilder können einfach miteinander verglichen und mit wenigen Klicks umfassend analysiert werden. Besonderer Wert wurde auch hier auf Nutzerfreundlichkeit und Anpassbarkeit der Software gelegt.

Data Mining: Statistische Zusammenhänge entdecken und produktiv nutzen

Um tiefergehende, vergleichende Analysen vieler Tests vorzunehmen, müssen die anfallenden Datenmengen zunächst effizient verwaltet werden. Hier kommt MaDaM ins Spiel, AMSʼ Lösung für das Messdatenmanagement. Sünder erklärt: „Weltweit sind bereits über 30 MaDaM-Systeme im Einsatz. Sie organisieren die laufend anfallenden Daten auf eine Weise, dass sie flexibel ausgewählt und für spätere Vergleiche und Analysen herangezogen werden können. Und dank der neuen Elasticsearch-Technologie ist MaDaM noch schneller – kein Test bleibt unauffindbar.“

Damit ist zugleich die Voraussetzung für das eigentliche Data Mining geschaffen. Bei Messdaten handelt es sich hier um einen zweistufigen Prozess. Im ersten Schritt werden die Messdateien analysiert und Ereignisse sowie statistische Größen ermittelt. jBEAM-Cluster parallelisiert diese Analysen von Tausenden von Messdateien. Diese Zwischenergebnisse werden dann in einem zweiten Schritt mit Data-Mining-Algorithmen wie Pattern Recognition oder Reducing Dimensions of Relation untersucht, um Korrelationen zu finden. „Natürlich ist nicht jede Korrelation auch eine Kausalität. Für diese Unterscheidung braucht es nach wie vor den erfahrenen Entwicklungsingenieur. Mit unserem intelligenten Post-Processing von Messdaten bieten wir ihm jedoch die Möglichkeit, auch bestehende Datenvorräte intelligent zu untersuchen.“

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