In bestimmten Industriebereichen bzw. Umgebungen mit starkem Unterdruck, wie der Halbleitertechnik, Fluggerätetechnik in Luft- und Raumfahrt sowie im Energiesektor kann das Ausgasen zu großen Problemen mit optischen und elektronischen Geräten führen. Deshalb gelten hier strenge Regeln hinsichtlich der Reinheit und der Ausgasungsmenge der verwendeten Materialien.
Welche Bedeutung hat das Ausgasen im Bereich der Raumfahrt?
Jegliche Hardware, die in der Hochvakuum-Umgebung des Weltraums ausgast – bzw. alle Materialien, aus denen sich die Hardware zusammensetzt – kann den ordnungsgemäßen Betrieb einer Vielzahl von Anwendungen erheblich beeinträchtigen: dies geschieht, wenn ein Teil der freigesetzten Gase auf benachbarten Oberflächen, wie etwa auf Kameraobjektiven kondensiert.
Aus diesem Grunde muss jede Hardwarekomponente für Raumfahrtanwendungen oder Vakuumanlagen, die bei deren Entwicklung zum Einsatz kommen, hinsichtlich ihrer Ausgasungseigenschaften qualifiziert sein. Die dafür notwenigen Tests werden in Ultra-Hochvakuumanlagen (UHV) durchgeführt.
Wie wird der Grad der Ausgasung für Hochvakuum-Umgebungen definiert?
Der Grad der Ausgasung hängt maßgeblich vom Material und seiner Beschaffenheit, der Temperatur und der Verweildauer im Vakuum ab.
Für Anwendungen in der Raumfahrt sind nach ESA-Standard drei Ausgasungsparameter definiert. Der Test gemäß des ESA-Standards ECSS-Q-ST-70-02C „Thermal vacuum outgassing test for the screening of space materials“ basiert auf dem Vergleich der gemessenen Gasabgaberaten in der Testkammer vor und nach dem Einbringen des Testobjekts:
TML (Total Mass Loss): Prozentualer Masseverlust einer Materialprobe im Vergleich zur Anfangsmasse, nach exakt 24 Stunden im Hochvakuum bei einer Temperatur von 125°C. Die Materialprobe wird vorab 24 Stunden bei 55% relativer Feuchtigkeit (rF) und 22°C gelagert.
RML (Recovered Mass Loss): Prozentualer Masseverlust einer Materialprobe nach exakt 24 Stunden im Hochvakuum bei einer Temperatur von 125°C und einer Nach-Konditionierung von 24 Stunden bei 55% rF und 22°C.
CVCM (Collected Volatile Condensable Material): Prozentuale Masse des Kontaminats auf einer Kollektorplatte (Temperatur 25°C) über einer Materialprobe nach exakt 24 Stunden im Hochvakuum.
Danach müssen Materialien für allgemeine Raumfahrtanwendungen die folgenden Anforderungen erfüllen:
In NASA-Standards findet sich häufig das Kriterium: TML < 1.00 % und CVCM < 0.01 %.
Alle nicht-metallische Materialien, die nicht hermetisch versiegelt sind, z. B. Verkabelungen aus Kunststoff, müssen diesen Standard erfüllen, um in Hochvakuum-Umgebungen eingesetzt werden zu können.
Eine Möglichkeit, das Ausgasen zu verhindern, besteht darin, Hardware wie beispielsweise Sensoren mit einem hermetisch versiegelten Gehäuse aus Metall zu versehen.