Integrierte Sensorik überwacht Verbrennungsprozess
Dr. Bernhard Ćosić ist seit 2015 bei MAN Energy Solutions tätig und als Teamleiter Gasturbinenverbrennung maßgeblich an der Entwicklung der MGT6000- sowie der neuen MGT8000-Serie beteiligt. Er beschreibt die Marktentwicklung wie folgt: „Mit unseren Gasturbinen mit einer elektrischen Leistung zwischen sechs und zwölf Megawatt stellen wir eine im Vergleich mit Diesel-, Kohle- und Schweröl-Kraftwerken viel nachhaltigere Lösung zur Strom- und Wärmeerzeugung bereit. Insbesondere da, wo neben Strom auch Hochtemperaturwärme benötigt wird – zum Beispiel bei der Papierherstellung oder in der Lebensmittelindustrie – erreicht die Gasturbine hohe Wirkungsgrade und ist sehr effizient. Man kann sie aber auch zur dezentralen Stromerzeugung nutzen, gerade in schwer zugänglichen Gegenden, da der Aufwand für die Inbetriebnahme gegenüber einem Großmotor um ein Vielfaches geringer ist.“
Um den Verbrennungsprozess zu überwachen und weitere Vorteile wie Brennstoffflexibilität und Echtzeitüberwachung zu realisieren, holte MAN ES Kistler als Entwicklungspartner mit ins Boot. Die piezoelektrischen Hochtemperatur-Drucksensoren vom Typ 6021A von Kistler sind direkt mit der Steuerung der Gasturbine verbunden und liefern im Dauerbetrieb laufend Daten zum Verbrennungsprozess. „Dank ihrer sehr hohen Temperaturbeständigkeit können wir die Sensoren, die zudem sehr kompakt sind, nah an die Flamme heranbringen und erhalten so genaue und aufschlussreiche Daten. Sie stehen uns und dem Kunden 24/7 über die MAN-Cloud CEON zur Verfügung und schaffen so die Voraussetzung für Condition Monitoring und Predictive Maintenance.“
Auch bei der Steuerung und Überwachung des Verbrennungsprozesses spielen die Sensoren von Kistler eine große Rolle. Neben der Reduktion von Emissionen steht hier vor allem die Flexibilität bezüglich des Brennstoffs im Vordergrund: So ist die MGT6000-Serie Dual-Fuel-fähig, das heißt sie kann auch mit Flüssigbrennstoff wie Diesel betrieben werden für den Fall, dass gerade kein Erdgas zur Verfügung steht. Auch Schiefergase und häufig als Abfallprodukt anfallende Brenngase mit hohen Inertgasanteilen wie Stickstoff oder Kohlenmonoxid, die noch Restenergie besitzen, können laut Ćosić genutzt werden: „Die Prozesse in den Brennkammern werden von uns so optimiert, dass auch bei einem Wechsel des Brennstoffs keine Instabilitäten auftreten – dabei helfen uns die Live-Daten der Sensoren von Kistler.“
Wasserstoff – Brennstoff der Zukunft
In Kooperation mit MAN ES entwickelte Kistler eine maßgeschneiderte Elektronikeinheit (Signal Conditioning Unit), die die gesamte Messkette vereinfacht und wesentlich zur Kostenoptimierung beiträgt. „Während der ganzen Zeit hat uns das Team von Marco Gnielka tatkräftig unterstützt, sodass wir eine für uns optimale Lösung gefunden haben“, so Ćosić weiter. „Die initialen Herausforderungen wurden schnell gelöst und mit Christian Heer hatte ich einen fachlich sehr versierten Ansprechpartner bei Kistler – wir sprechen dieselbe Sprache, auch wenn wir als Ingenieure von verschiedenen Seiten kommen, so dass schnell eine vertrauensvolle Zusammenarbeit entstanden ist.“
Der nächste Schritt in der Weiterentwicklung der Gasturbine ist die Fähigkeit, variable Gasgemische bis hin zu 100 Prozent Wasserstoff zu beherrschen – verspricht dieser doch eine noch sauberere Verbrennung mit CO2-Emissionen, die gegen Null gehen. Voraussichtlich im Herbst 2020 wird die erste MGT8000 von MAN ES in Betrieb genommen werden – direkt vor Ort in Sterkrade, einem Stadtteil von Oberhausen und im Dienst der lokalen Stadtwerke EVO. „Die neue, hochmoderne Gasturbine kann bereits jetzt mit einem Wasserstoffanteil von 20 Prozent betrieben werden. Kurzfristig kann dieser Anteil auf 50 erhöht werden. Mittelfristig sind sogar 100 Prozent möglich“, erläutert Ćosić. „Wasserstoff ist hochreaktiv und verändert deshalb die Charakteristik der Verbrennung – die Flamme brennt sozusagen schneller –, so dass man das System neu einstellen und optimieren muss, wenn sich der Wasserstoffanteil am Gasgemisch stark erhöht. An den Eckdaten wie Leistung und Wirkungsgrad ändert sich aber nichts, sie können unsere Turbinen weiter nutzen.“
Bei einer Lebensdauer von Gasturbinen von 15 Jahren und mehr ist Investitionssicherheit ein wichtiges Kriterium für die Kunden von MAN ES. Wenn zukünftig mehr und mehr Wasserstoff ins Erdgasnetz eingespeist wird oder sogar neue, reine Wasserstoffsysteme entstehen, wird auch die Messtechnik von Kistler ihren Teil zur Zukunftsfähigkeit der Gasturbinen von MAN ES beitragen – sowohl was die Optimierung der Verbrennungsprozesse als auch Wartung und Überwachung angeht. Ćosić resümiert: „Mit Kistler haben wir einen Partner an der Hand, der sehr verlässlich und in der Lage ist, unser globales Geschäft zu unterstützen – zum Beispiel, wenn wir in China Personal schulen wollen –, der aber auch flexibel genug ist, um individuell und persönlich zu betreuen und zu entwickeln. Damit sind wir für das durch den nötigen Kohle- und Ölausstieg zu erwartende Wachstum in den kommenden Jahren und Jahrzehnten sehr gut aufgestellt.“