Schurter nutzt integrierte Prozessüberwachung für hochautomatisierte Elektronikfertigung


Um die hohen Anforderungen der Automobilindustrie zu erfüllen, benötigt die Schweizer Schurter AG 100-Prozent-Kontrolle und -Rückverfolgbarkeit im Produktionsprozess. In den neuen Vollautomaten zur Fertigung komplexer und sicherheitsrelevanter Teile sind vier Systeme von Kistler für die Prozessüberwachung integriert – schnelle Taktzeit, automatische Sortierung und Messmittelfähigkeitsprüfung inklusive.

Der Schweizer Elektronikhersteller Schurter mit Hauptsitz in Luzern hat Großes vor: Mit bereits über 2 000 Mitarbeitern, elf Produktionsstätten und Gesellschaften in 17 Ländern ist man klar auf Wachstumskurs. Befeuert wird diese Entwicklung auch durch Zukäufe; im Jahr 2017 betrug der Umsatz bereits 259 Millionen Schweizer Franken – Tendenz steigend. Das Portfolio der Schweizer ruht auf den beiden Grundsäulen Elektrokomponenten (Stecker, Schalter, Geräteschutz etc.) sowie Eingabesysteme wie HMIs, Touchpads und Folientastaturen. Hinzu kommen in den letzten Jahren verstärkt kundenspezifische Lösungen mit hoher Fertigungstiefe, die im Geschäftsbereich „Solutions“ gebündelt werden.

Durch den Trend zur Elektromobilität nehmen elektrische Sicherungen aktuell eine Schlüsselrolle ein, insbesondere bei der Batteriefertigung für E-Automobile. Da jede Batteriezelle einzeln abgesichert werden muss, kommen pro Fahrzeug schnell 400 bis 500 Sicherungen zusammen. Für einen Endkunden aus der Automobilindustrie erhielt Schurter 2017 den Auftrag, Sicherungen für sicherheitskritische Bereiche in hohen Stückzahlen zu fertigen. André Schürmann ist Head of Automation & Maintenance bei Schurter. Er betont: „Wir verfügen über langjährige Erfahrung im Automatisieren von Prozessen zur Sicherungsherstellung und sind dank unseres Technologie-vorsprungs nach wie vor in der Lage, in der Schweiz nicht nur zu entwickeln, sondern teilweise auch zu fertigen – was von den Kunden sehr honoriert wird.“ Für die besondere Herausforderung, die kleinteilig aufgebauten Sicherungen möglichst vollautomatisiert und in hohen Stückzahlen – sowie außerdem normgerecht und in hoher Qualität – produzieren zu können, holte man den Sondermaschinenbauer ROBO • MAT AG ganz aus der Nähe ins Boot: „ROBO • MAT hat uns für die Anlagenentwicklung ein sehr detailliertes Angebot inklusive 3D-Layout und genauer Preisvorstellung vorgelegt, das uns im Verbund mit der Nähe und engen Zusammenarbeit von Anfang an als Gesamtpaket überzeugt hat“, sagt Schürmann.

Schurter Vollautomaten Kistler maxymos
Im neuen Vollautomaten von Schurter und Robomat sind vier Prozessüberwachungssysteme maXYmos BL von Kistler installiert

Präzise Prüfung im Sekundentakt

Markus Zimmermann, Inhaber und Geschäftsführer von ROBO • MAT, erläutert das Projekt: „In der Anlage werden zwei Varianten von Sicherungen mit einer Stückzahl von etwa 3 000 Teilen pro Stunde und einer Taktzeit von 2,7 Sekunden gefertigt. In dieser kurzen Zeitspanne durchläuft das Produkt 16 verschiedene Stationen. Die Herausforderung beim Anlagendesign war die Abstimmung der Prozessschritte, um die kurze Taktzeit zu erreichen. Das Schöne dabei war, dass Schurter das Sicherungsdesign zu Beginn noch nicht finalisiert hatte, so dass man spezielle Anforderungen im Design noch berücksichtigen konnte. Das geht natürlich nur bei entsprechender Nähe zum Kunden“, betont Zimmermann.

Um die hohen Anforderungen an Traceability und Qualität im Automobilumfeld zu erfüllen, setzt man auf Systeme zur Prozessüberwachung von Kistler. Insgesamt kommen vier piezoelektrische Kleinkraftsensoren vom Typ 9217A plus die entsprechenden Auswertesysteme maXYmos BL in der neuen Anlage zum Einsatz.

„Neben den guten Erfahrungen in der Vergangenheit gaben vor allem der kleine Kraftbereich und die sehr niedrige Ansprechschwelle den Ausschlag für Kistler.“

Markus Zimmermann, Inhaber und Geschäftsführer der Robomat AG

Die gemessenen Kenngrößen werden während des Prozesses aufgezeichnet und visualisiert; darüber hinaus dienen die definierten Kriterien zur automatischen Sortierung von Gut- und Schlechtteilen im Prozess. Geprüft werden sowohl die Federkraft als auch die Kraft beim Aufsetzen des Deckels der Sicherungen. Auch die Sensoren selbst werden geprüft: „Das Besondere an dieser Anlage ist, dass die Messtechnik im Prozess selbst gegengeprüft wird. Etwa alle 100 Teile findet eine Messung der Sensorik statt: Das heißt, es wird nachgeschaut, ob die Sensoren noch das erfassen, was sie sollen“, erklärt Zimmermann. „Getrieben wird diese Entwicklung von den Anforderungen in der Automobilindustrie. Laut der Norm IATF 16949 der International Automotive Task Force für sicherheitskritische Bauteile muss die Messmittelfähigkeit regelmäßig im Fertigungsprozess überprüft werden. Der Endkunde hat diese Eigenschaft eigens bei uns vor Ort auditiert“, ergänzt Schürmann.

Die Kombination aus anspruchsvollen Kundenvorgaben, zu erfüllender Norm und Komplexität der Anlage führte dazu, dass ein neues, ungeahntes Niveau bei der Qualitätsdatenerfassung erreicht wurde: „Pro Sicherung werden 76 spezifische Datensätze erfasst und in einer zentralen Datenbank gespeichert – zusätzlich zu Kraft und Weg auch Ofentemperatur, Lufttemperatur und viele weitere Größen. Das ist die umfassendste Erfassung von Qualitätsdaten, die wir bis dahin in einer Anlage realisiert haben“, erläutert Zimmermann. Schurter und ROBO • MAT haben damit alle Anforderungen bezüglich der geforderten Qualitätssicherung und Dokumentation erfüllt und können sich auf den optimalen Betrieb der Anlage konzentrieren.

Mehrwert durch einfach zu integrierende Prozessüberwachung 

Bis zur Serienfertigung ist es noch letzter Weg zu gehen. Zwar ist nach etwa einem Jahr Entwicklungszeit die Abnahme durch den Endkunden bereits erfolgt, dies ist aber noch nicht gleichbedeutend mit der angestrebten 24/7-Volumenproduktion. In Phase zwei werden daher kritische Faktoren wie Materialien, Anlageneinstellungen und weitere Parameter intensiv getestet und optimiert. „In Bezug auf die Messtechnik war dank der intuitiven Bedienbarkeit der Systeme kein großer Aufwand nötig“, sagt Schürmann. „Wir hatten Produkte von Kistler bereits zuvor eingesetzt und können uns daher auf Performance, Service und Preis-Leistungsverhältnis verlassen“, sagt Zimmermann. „Andere Teile der Anlage erfordern aufgrund der hohen Komplexität jedoch einen gewissen Inbetriebnahme- und Optimierungsaufwand. Der Vorteil ist, dass nach Zielerreichung die Einstellungen direkt für eine zweite Anlage übernommen werden, um die geplanten hohen Stückzahlen abdecken zu können“, ergänzt Zimmermann. Auch dann werden maXYmos & Co. wieder mit an Bord sein und durch die doppelte Prüfung dafür sorgen, dass die Sicherungen halten, was sie versprechen.

„Wir schätzen die gute Zusammenarbeit, den kompetenten Support sowie die Nähe zum Kunden und werden auch zukünftig gerne auf Kistler setzen“, erklärt Zimmermann abschließend. Und Schürmann gibt einen Ausblick auf das, was kommen wird: „Für E-Mobilität und Industrie 4.0 müssen Anlagen immer intelligenter werden. Condition Monitoring, Predictive Maintenance und Traceability auf Losgröße werden zunehmend zum Standard gehören. Das erfordert eine Messtechnik, die sich leicht integrieren und intuitiv bedienen lässt sowie präzise und verlässliche Ergebnisse liefert. Qualitätsüberwachung im Prozess liefert klaren produktiven Mehrwert und wird daher mehr und mehr in die industrielle Fertigung integriert.“

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