Präzise Messtechnik als Erfolgsvoraussetzung
In Hockenheim, dem wichtigsten Rennen der Saison, wo die Konkurrenz am größten ist, erzielte Starkstrom neben dem Weltrekord in Acceleration einen wertvollen vierten Platz. „Das ist ein bemerkenswerter Erfolg für eine kleine Hochschule wie Augsburg, die sich Teams von der TU München oder der ETH Zürich gegenübersieht“, betont Prof. Dr.-Ing. Carsten Markgraf von der Fakultät Elektrotechnik der UAS Augsburg. Um so weit zu kommen, sei einiges an technologischer Expertise nötig, zum Beispiel im Bereich Umfelderkennung und Bahnplanung für das autonome Fahren. Der Rennwagen von Starkstrom ist hierfür mit LiDAR und Kamerasystemen ausgestattet, deren Daten fusioniert werden, um den Streckenverlauf zu ermitteln und den Wagen auf Kurs zu halten. Zur Ermittlung der absoluten Position setzte man in der Saison 2018 auf ein D-GPS-Modul, das jedoch langsam startet und alles andere als ausfallsicher ist. „Mit den Daten des Kistler Sensors lassen sich Zeiten ohne GPS-Signal jedoch sehr gut überbrücken“, erklärt Christian Scheglmann, der ebenfalls seinen Master in Applied Research macht und im Team für die Kamerasysteme zuständig ist.
Was steckt hinter einem solchem Erfolg? Vor allem engagierte Studenten, die sich im gemeinnützigen Verein „Starkstrom Augsburg e.V.“ der angewandten Forschung rund um die Elektromobilität widmen. Der Verein wird getragen von Sponsorings von Unternehmen, die mit Geld- und Sachmitteln dafür sorgen, dass die Nachwuchsingenieure ihr Know-how auf die Rennstrecke bringen können. Mit Blick auf die Formula Student betont Pechinger: „Wir sind natürlich stolz auf den Rekord, er ist jedoch nicht die Hauptsache – es geht vor allem darum, etwas zu lernen. Nicht umsonst lautet das Motto der Formula Student: ‚It’s not about getting faster, it’s about getting smarter.‘“
Nachwuchsingenieure mit viel Eigenverantwortung
Prof. Markgraf steht den Studierenden in beratender Funktion zur Verfügung, die jedoch in der unternehmensähnlichen Struktur weitgehend selbst verantwortlich sind. Zum Kernteam gehören Elektrotechniker, Mechatroniker, Informatiker und nicht zuletzt eine Betriebswirtschaftlerin. „Viele Studenten wachsen im Team über sich hinaus und entwickeln ihre Persönlichkeit entscheidend weiter. Die Aufgaben sind anspruchsvoll und stehen meist in direktem Zusammenhang mit Studieninhalten, vertiefen diese jedoch in der praktischen Anwendung“, betont Prof. Markgraf.
Der Rennwagen, ein klassischer Monoposter in Miniaturformat, der bei Bedarf auch von einem Fahrer gelenkt werden kann, wird vor Ort in Augsburg komplett gefertigt. Zum mechanischen und elektronischen Aufbau kommen die Funktionen für das autonome Fahren hinzu, betont Scheglmann, „Autonom fahrende Rennwagen sind deutlich anspruchsvoller als herkömmliche. Vieles wird also einfach vorausgesetzt, und dann kommen die zusätzlichen Funktionalitäten noch on top.“ Mit Blick auf die Formula Student ergänzt Pechinger: „Es gibt strenge Vorgaben, um überhaupt zu den Rennen zugelassen zu werden, unter anderem einen Bremstest. Viele Teams scheitern bereits an dieser Hürde. Außerdem will man ja den in vielen Arbeitsstunden aufgebauten Rennwagen auch nicht gegen die Mauer setzen.“
Hohe Präzision, einfache Integration, geringer Drift
Der Correvit SFII Racing Sensor von Kistler liefert über den CAN-Bus alle 5 ms die aktuelle Geschwindigkeit (x und y). In Kombination mit der IMU kann alle 2 ms die Position des Fahrzeugs relativ zum Startpunkt berechnet werden. Für die Disziplinen Acceleration und Skidpad reicht das völlig aus, und hier ist Starkstrom regelmäßig unter den besten. „Innerhalb einer halben Woche war der Sensor mittels einer speziellen Halterung am Fahrzeug montiert“, erläutert Scheglmann. „Am Anfang haben wir uns gefragt, was das für ein Wert ist, den der Sensor da liefert, aber dann stellte sich heraus, dass man den nur einmal integrieren muss. Die Einbindung war wirklich einfach, die Werte sind schnell verfügbar und er funktioniert sehr zuverlässig.“ Und Pechinger ergänzt: „Der Sensor ist sehr genau und weist nahezu keinen Drift auf, so dass man sich auf kürzeren Strecken fast komplett auf ihn verlassen kann.“
Für 2019 ist deshalb geplant, das D-GPS komplett aus dem Setup zu entfernen. Je nach Anforderung wird dann nur mit Messtechnik von Kistler und IMU oder mit Kistler, IMU und SLAM (Simultaneous Localization and Mapping, wird gerade entwickelt) navigiert. Im Frühjahr 2019 soll das neue Setup dann intensiv auf dem Asphalt getestet werden. Entsprechend wird sich auch die Formula Student weiterentwickeln – neue, anspruchsvollere Disziplinen werden die Messlatte höher setzen. Ziel ist es ja schließlich, dass autonom fahrende Autos gegeneinander auf der Rennstrecke und irgendwann auch auf der Straße fahren können. Prof. Markgraf sagt abschließend: „Mit dem Racing Sensor von Kistler haben die Studierenden ein entscheidendes Mittel an der Hand, um die Fähigkeiten ihres Fahrzeugs weiter auszubauen. Auch wenn es natürlich immer wieder Abgänge und neue Gesichter im Team gibt, ist doch eine klare Entwicklung sichtbar – ich bin gespannt, was in den nächsten Jahren alles von Starkstrom kommen wird.“